Barocke Herrlichkeit
In Schleißheim wird das Churbayerische Freudenfest gefeiert
Die Turnierreiter versorgen ihre Pferde, die Bauernmusikanten stellen ihre Lauten und Trommeln ab und schmausen ein Commiß-Brod und etwas Rhabis-Kraut, das niedere Volk gönnt sich ein Bier. Im Großen Saal aber hebt nun die Kantate „Gia‘ dall‘ Isser ameno“ an, von der lieblichen Isar her. Die bayerischen Kurprinzen haben sich gegen die Osmanen vor Belgrad Ruhm erworben. Flora, die römische Göttin der Pflanzen, befiehlt, ihnen Kränze zu flechten, wobei die blaue Hyazinthe und die weiße Narzisse – die Farben des bayerischen Wappens – in Wettstreit um diese Ehre geraten.
Das „Churbayerische Freudenfest“ in Schleißheim will hier die Lücke schließen, dass von der „populärsten“ Geschichtsepoche des Landes gleichzeitig so wenig Kunde herrscht und es insbesondere kaum Festivitäten gibt, in denen diese Epoche authentisch präsentiert wird. Zum 350. Geburtstag von Kurfürst Max Emanuel, dem Erbauer des Schleißheimer Schlosses, gab es den Prototyp eines derartigen Freudenfestes; im Vorjahr sollte es in serientauglicher Form neu aufgelegt werden, wurde aber nicht recht fertig und dann auch noch vom Wetter zerzaust.
Sebastian Gabriel
Der Streit wird in einem Turnier ausgetragen. Jungfrauen präsentieren die Ringe und die beiden blauen und weißen Pferdeattrappen preschen im Saal des Schleißheimer Schlosses im Trippelschritt mit ihren Lanzen, den Ring zu stechen. „Valore„, die Göttin der Tapferkeit, mit Engelsflügeln eingeschwebt, kränzt den Sieger. Die Posaunen schmettern, das Cembalo jubiliert. Die Zeit des Barock definiert stark das bayerische Selbstwertgefühl mit ihren baulichen Relikten, insbesondere den Sakralbauten, historisch gab es bedeutende Weichenstellungen. Die Welt des Barock freilich, insbesondere die höfische Kultur mit ihren Inszenierungen, den allegorischen Bildern, der bizarren Mode oder den verkünstelten Riten ist uns maximal fern – und ihre Küche beispielsweise auch, wie mancher am Büffet erstaunt feststellte.
Mehr zum Originalbeitrag von Sebastian Gabriel auf www.sueddeutsche.de