Von: Andreas Sachse im Originalbeitrag im Münchener Merkur Landkreis München vom 14.10.2024
Auszug aus Beitrag

Feuergefecht vor Schloss Schleißheim
Besucher des Schleißheimer Schlossparks erlebten am Wochenende ein Feldlager wie zur Zeit des Dreißigjährigen Kriegs mit Experimentalarchäologe Marcus Junkelmann.
Oberschleißheim – Im Jahre des Herrn 1611 ist ein gewisser Philipp Hainhofer nach Schleißheim gereist. 413 Jahre darauf schlüpft der bekannte Experimentalarchäologe Marcus Junkelmann in die Kleider des Augsburger Kunstagenten, um aus dessen Aufzeichnungen zu lesen. Wo immer Junkelmann auftritt, wird Geschichte lebendig. Im Maximilianshof des Alten Schlosses ließ der Historiker die Epoche des Dreißigjährigen Krieges zwei volle Tage lang auferstehen.
Junkelmann ist selbst in Schloss Lustheim in Oberschleißheim aufgewachsen
Römische Legionäre, die Langen Kerls des preußischen Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I., die Napoleonische Garde: Mit seinem Ansinnen, Geschichte erlebbar zu machen, hat Marcus Junkelmann in den vergangenen 40 Jahren die Zeitalter durchpflügt. Dass er den Dreißigjährigen Krieg in Oberschleißheim zum Gegenstand einer Erlebnisreise erhebt, hat seinen Grund: Der Sohn eines Kunsthistorikers ist in Schloss Lustheim aufgewachsen. Dass Kurfürst Maximilian I. mit dem Kaiser im Bunde war, wusste Junkelmann schon als Bub. An der Seite der katholischen Liga schlugen die Bayern 1648 in der wohl letzten größeren Schlacht nahe Schleißheim die protestantischen Schweden.

Dreißigjähriger Krieg von 1618 bis 1648
Von 1618 bis 1648 rangen die Kaiserlichen von der Liga und die Protestantische Union um die Vorherrschaft im Heiligen Römischen Reich. Frankreich, Spanien, Österreich, Schweden und die Niederlande – ganz Europa mischte mit in einem der fürchterlichsten Gemetzel der Geschichte.
Der Historiker will vermitteln, wie die Menschen damals lebten
Junkelmann interessieren aber keine Schlachten. Der Historiker will vermitteln, wie die Menschen damals lebten, die Soldaten und ihre Familien. Im Maximilianshof ließ er am Wochenende ein Feldlager errichten. Damalige Heere zogen einen kilometerlangen Tross mit sich. Handwerker, Kaufleute, Huren, Gaukler, Musikanten und Familienangehörige begleiteten die Soldaten oft über Jahre.
Musketiere und Pikeniere treten an
„Antreten, in Reih und Glied!“ Die Stimme des Corporals schneidet durch die Luft. Manuel Kraus aus Schierling ist im echten Leben Softwareentwickler. Die Rolle des schneidigen Unteroffiziers ist ihm auf den Leib geschneidert. Musketiere und Pikeniere gehorchen aufs Wort. Der Corporal lässt seine Leute Aufstellung nehmen. Auch wenn der ein oder andere über die Füße des Nebenmanns stolpert; in den schicken Uniformen macht die Truppe ordentlich was her.

Schierling bei Regensburg ist Heimat der Schierlinger Gennßhenkher
Schierling, bei Regensburg gelegen, ist Heimat der Schierlinger Gennßhenkher, einer Bauernmiliz, die es niemals bis aufs Schlachtfeld schaffte. Beim einzigen Mal, da man ihrer Unterstützung bedurfte, kamen sie zu spät. Hans-Peter Stöckl zuckt wie zur Entschuldigung mit den Schultern.
„Woll´n Sie wissen, wieso wir so heißen?“
fragt Bauer Stöckl und beginnt zu erzählen: Als eine marodierende Soldateska sich näherte, haben die Schierlinger ihre letzten Gänse an der Gurgel aufgehängt und im Strauchwerk versteckt. Seither verspottet man sie als Gennßhenkher.